Was wir geheim halten.

Unser Stillschweigen

Tönnies Schlachthöfe in Spanien

1. +++ breaking news: Schlachthofplan gestoppt +++ In Deutschland mit Greenwashing werben, neuen Schlachthof in Spanien planen

Tierschutz, Arbeitsrecht und Umweltauflagen umgehen

Der Grund? In Spanien findet Tönnies „günstigere“ politische Rahmenbedingungen vor, was Tierschutz, Arbeiter:innenrechte und Umweltauflagen angeht. „Tierschutz und Umweltschutz führen zu zusätzlichen Kosten und machen Investitionen erforderlich, die Landwirte in anderen Ländern oft nicht haben“, erklärt ein Tönnies-Sprecher gegenüber einem Schweizer Online-Portal.

Er bezeichnete die deutschen Tierschutzvorschriften als “einseitig“,  weil andere europäische Länder von den Landwirten nicht das Gleiche verlangen, so dass es in Spanien billiger und einfacher sei in die Schweinehaltung zu investieren als in Deutschland. 

Und noch eine Fliege schlägt der Konzern mit dieser Klappe: Im ewig-nörgelnden Deutschland gibt es seit einiger Zeit Probleme mit der Afrikanischen Schweinepest(ASP). Das die Exporte des Konzerns in asiatische Länder zeitweilig einbrechen lassen. Perfekt, dass es in Spanien bisher keine Fälle von ASP gibt und Exporte ins Ausland somit nicht eingeschränkt sind.

Mega-Schlachthof in Calamocha

Konkret plant Tönnies derzeit den Bau eines Mega-Schlachthofs in Calamocha, der jährlich 2,4 Millionen Schweine schlachten soll. Wo die ganzen Tiere herkommen sollen bleibt unklar, denn in Spanien ist die Schweinehaltung beinahe komplett vertikal integriert. Das bedeutet, dass es dort, anders als in Deutschland, keine (Familien-)Betriebe in mittlerer Größe mehr gibt, die  Masttiere halten. Stattdessen mieten Großkonzerne die Ställe ehemaliger Bäuer:innen, um darin  ihre Mastschweine selbst unterzubringen. Um den Hunger des Schlachthofs zu bedienen, scheint es sehr wahrscheinlich, dass Tönnies in der bereits jetzt extrem von Nitrat belasteten Region neue Megamast-Anlagen bauen (lassen) muss für die jährlich benötigten 2,4 Mio. Tiere.

Anwohner:innen leisten Widerstand

Aktuell muss Tönnies noch eine Klage gegen die vielleicht unzulässige Umweltverträglichkeitsprüfung des geplanten Neubaus in Calamocha aushalten. Und auch von der lokalen Bevölkerung sowie deutschen Aktivist:innen regt sich Widerstand. „Schade“, dass die Bedingungen in Spanien dann doch nicht ganz so freundlich sind, für europäische Megafleischkonzerne.

2. Wir nennen uns Familienunternehmen, sind jedoch einer der größten Fleischkonzerne Europas & konsolidieren das Billigfleischsystem

Milliarden Umsatz

Die Unternehmensgruppe Tönnies ist der größte Fleischverarbeiter in  Deutschland und eines der größten Unternehmen der Fleischindustrie  weltweit. Zum Konzern gehören 112 inländische und 45 ausländische Unternehmen. 2021 schlachtete Tönnies in Deutschland fast 16 Millionen  Schweine. Der Riesen-Konzern hat einen Jahresumsatz von 6,2 Milliarden Euro (2021).

Das verkauft sich jedoch nicht so gut. Deshalb betitelt sich der Konzern lieber als „Familienunternehmen“und betont gerne Land auf Land ab, dass er zum Mittelstand gehöre.

Dabei besteht der selbst proklamierte „Mittelstand“ im Schweinefleischsektor in Deutschland heute nur noch aus drei Konzernen (neben Tönnies noch Vion und Westfleisch), die sich mehr als 60 % des Marktes teilen. Allen voran Tönnies mit über 30 Prozent Marktanteil allein. Vion zieht sich gerade aus dem Deutschlandgeschäft zurück – Tönnies übernimmt weitere Standorte (bestätigt) und damit Marktanteile und Marktmacht.

Steigende Marktmacht führt zum Verlust des echten Mittelstands & Höfesterben

Mit steigender Marktmacht bestimmt der Konzern die Preise für Produzent:innen, die nicht mehr auf andere Absatzwege ausweichen können, weil gleichzeitig viele echte mittelständische Handwerksbetriebe (Familienschlachtereien & Verarbeiter) ebenfalls aufgeben mussten. Bäuer:innen können ihre Produktionskosten kaum mehr decken und werden in den Ruin getrieben. Die Folge: Das Höfesterben wird weiter angeheizt.

In den letzten 10 Jahren haben in Deutschland bspw. bereits 47% der schweinehaltenden Betriebe aufgegeben − v.a. kleinere Betriebe, die dem Preisdruck nicht standhalten konnten. Gleichzeitig ist der Durchschnitt der Schweine pro Betrieb im vergangenen Jahrzehnt exorbitant gestiegen. Statt weniger Tieren, werden jetzt noch mehr Tiere pro Betrieb industriell gehalten.  

3. Wir reden von Effizienz, schweigen aber über Tierqual

Schnelle Gewichtszunahme

Was Tönnies beschönigend „Effizienzsteigerung in der Schweinehaltung“ nennt ist nur durch zusätzliches Leiden der Tiere möglich. Die Gewichtszunahme ist so groß und erfolgt so schnell, dass viele Tiere bereits im zarten Alter von einem halben Jahr an schweren Gelenkserkrankungen leiden.

Ferkelei

Auch die Anzahl der Ferkel pro Sau zu maximieren nennen wir „Effizienz“: Säue gebären mittlerweile bis zu 25 Ferkel auf einmal – darunter viele schwache Tiere und auch viele Totgeburten. In der Regel hat jede Sau 14 Zitzen, es gibt Züchtungen mit bis zu 18 Zitzen. Jedes Ferkel nutzt und verteidigt aber „seine eigene Zitze“, so dass überzählige Tiere einer anderen Sau untergeschoben oder getötet werden müssen. Laut der baden-württembergische Tierschutzbeauftragte sind Hunderttausend lebensfähige Ferkel pro Jahr betroffen.

Quelle: Offizielle Unternehmensseite von Tönnies: Toennies.de

Abbildung 1

4. Unser Geschäftsmodell macht Menschen krank

Mindestlohn seit 2020

2020 war es nach den massiven Corona-Ausbrüchen bei Tönnies und Co nicht mehr möglich, über die extrem prekären Beschäftigungsverhältnisse bei dem Konzern hinwegzusehen. Der Bundestag verabschiedete ein Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit, alle Arbeiter.innen müssen nun direkt beim Unternehmen angestellt sein – und den gesetzlichen Mindestlohn erhalten.

Unbezahlte Überstunden, Verletzungen, Kündigung nach Krankschreibung

Trotzdem ist der Druck in der Branche immens hoch. Laut Berichten der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO) sei es für Gastarbeiter:innen in der Schweinefleischindustrie weiterhin üblich, zu dritt in einem Zimmer untergebracht zu werden und unbezahlte Überstunden zu machen – bis alle Tiere eben geschlachtet sind. Während des Arbeitstages käme es oft zu Verletzungen, denn die Menschen arbeiten mit sehr scharfen Messern und müssen ein sehr hohes Tempo einhalten. Fast alle Angestellten hätten nach wenigen Jahren gesundheitliche Probleme mit ihren Händen und Rücken aufgrund der niedrigen Temperaturen im Schlachthof und den schweren Lasten. Bei Krankschreibungen sei eine sofortige Kündigung nicht auszuschließen.

Multiresistente Keime

Doch auch jenseits der Beschäftigung in der Fleischindustrie ist das System für Menschen gesundheitsgefährdend: Der hohe und regelmäßige Einsatz von Antibiotika in der intensiven Tierhaltung fördert die Ausbildung von Antibiotikaresistenzen. In der Folge drohen immer mehr Antibiotika wirkungsloser zu werden –  Krankheiten lassen sich immer schwerer oder auch gar nicht mehr behandeln: 1,2 Millionen Menschen sterben jährlich an Infektionen mit multiresistenten Erregern, Tendenz steigend.

5. Bei uns ist nur scheinbar alles klimafreundlich

Fleisch-Giganten verdrängen kleine Betriebe

Laut einem Bericht der Umweltorganisationen GRAIN & ITAP aus dem Jahr 2018 betragen Tönnies‘ jährliche Gesamtemissionen 14,2 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent (CO2e). Der Konzern gehört damit zu den größten Treibhausgasverursachern in der Fleischindustrie Europas.

Tönnies selbst stellt keine Informationen über seinen Treibhausgasausstoß öffentlich zur Verfügung und widerspricht lieber lediglich dieser Einschätzung. Der Konzern kritisiert, z.B. dass Scope 3 Emissionen in die Berechnung eingeflossen sind. Das heißt, auch Emissionen wurden mit eingerechnet, die nicht am Schlachtstandort entstanden, sondern z.B. schon durch den Futteranbau für das Masttier selbst. Für diese will der Konzern keine Verantwortung übernehmen.

Natürlich weist der Konzern auch nirgendwo darauf hin, dass der Fleischkonsum in Deutschland für echten Klimaschutz halbiert werden muss, um Klima und Umwelt zu schützen! Laut Planetary Health Diet der EAT-Lancet Kommission müssen in Europa bis 2050 80-90 % weniger rotes Fleisch und 50% weniger Milchprodukte gegessen werden, um die Gesundheit von Menschen und planetare Grenzen zu schützen.

Fleischkonzerne wie Tönnies tragen eine maßgebliche Mitschuld an dem Ausmaß der Klimakrise. Statt sie zur Verantwortung zu ziehen, lässt sich die Politik jedoch aktuell stark von ihnen beeinflussen.

Fleischindustrie nimmt Einfluss auf Politik und den Weltklimarat

So hat die Fleischindustrie den Weltklimarat vermehrt daran gehindert, die Notwendigkeit einer pflanzlicheren Ernährung hervorzuheben. Im Entwurf des IPCC-Berichts diesen Jahres hieß es zuvor:

„Eine Umstellung auf eine Ernährung mit einem höheren Anteil an pflanzlichem Eiweiß in Regionen mit übermäßigem Verbrauch von Kalorien und tierischen Lebensmitteln kann zu einer erheblichen Verringerung der THG-Emissionen führen. Eine pflanzliche Ernährung kann die THG-Emissionen im Vergleich zu einer durchschnittlichen emissionsintensiven westlichen Ernährung um bis zu 50 % verringern.“

Dieser Text wurde auf Druck Brasiliens und Argentiniens – die stark unter dem Einfluss der Lobbyisten der einheimischen Fleischindustrie stehen und mit Abholzung und Korruption in Verbindung gebracht werden – gestrichen und durch „ausgewogene, nachhaltige und gesunde Ernährung unter Berücksichtigung der Ernährungsbedürfnisse“ ersetzt.

Die Erwähnung der hohen Klimaauswirkungen von Fleisch und des übermäßigen Fleischkonsums, insbesondere in der westlichen Ernährung, wurde gestrichen.

Wir bedanken uns bei der Kampagne Meine Landwirtschaft/Wir-haben-es-satt für wichtige Hinweise auf Recherchen und Texte, die uns unter anderem im Rahmen ihrer Arbeit an https://www.agrar-industrie.de/ weiter geholfen haben.

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Tönnies Greenwashing aufgedeckt!